Krankenrückkehrgespräch

Krankenrückkehrgespräche als effektives Instrument der Fehlzeitenreduktion

Rechtliche Regelung des Krankenrückkehrgespräches

Anders als für das BEM-Gespräch (Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement, nach § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX), sieht der Gesetzgeber für das Krankenrückkehrgespräch (Mitarbeitergespräch im Krankheitsfall, Fehlzeitengespräch, Fürsorgegespräch, oder ähnliches) keine gesonderte rechtliche Regelung vor. Dem Arbeitgeber wird hier demnach ein hoher Handlungsspielraum zugestanden. Dennoch gibt es einige Einschränkungen, welche unbedingt beachtet werden sollten.

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Was der Arbeitgeber fragen darf – und was nicht

Der Arbeitgeber darf zwar einen Gesprächstermin anberaumen (Weisungsrecht). Es ist ihm jedoch nicht erlaubt, dem Arbeitnehmer hierbei jegliche Art von Frage zu stellen.

Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber darf durch seine Fragen nicht in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingreifen. Beispielsweise ist es nicht erlaubt, eine Mitarbeiterin zu fragen, ob ihre Abwesenheit mit einer eventuellen Schwangerschaft zusammenhängt oder zu fordern, den behandelnden Arzt von seiner Schweigepflicht zu befreien. Auch muss der Arbeitnehmer grundsätzlich keine Frage nach der Art seiner Krankheit beantworten. Folgende Fragestellungen jedoch sind ausdrücklich erlaubt:

  • Welche Ursachen zu der Krankheit geführt haben
  • Ob die Krankheit ausgeheilt ist
  • Ob durch Veränderungen der Arbeitsbedingungen eine erneute Arbeitsunfähigkeit vermieden werden kann (z.B. Hebehilfe, Sitzkeilkissen, etc.)
  • Ob der Arbeitnehmer wieder voll einsatzfähig ist

Hintergrund für diese ausdrücklichen Berechtigungen ist die Fürsorgepflicht (Pflicht des Arbeitgebers, für das Wohlergehen des Arbeitnehmers Sorge zu tragen, welche sich aus den §§ 617 – 619 BGB ergeben). Um eben dieser Pflicht entsprechen zu können, bedarf es eines Mindestmaßes an Informationen.

Unterschiede zwischen Krankenrückkehrgespräch und Betrieblichem Eingliederungsmanagement (BEM)

Das BEM-Gespräch muss regelmäßig vom Arbeitgeber angeboten werden, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres (nicht unbedingt innerhalb eines Kalenderjahres) mehr als 6 Wochen fehlt. Hier hat der Gesetzgeber vor allem die Entlastung der Krankenkassen und den Erhalt des Arbeitsplatzes für den Arbeitnehmer im Blick. Es bedarf allerdings der Zustimmung des Arbeitnehmers, damit ein BEM mit ihm durchgeführt wird.

Das Krankenrückkehrgespräch kann hingegen jederzeit nach einer krankheitsbedingten Fehlzeit geführt werden. Hierbei stehen der Kontakt zum Mitarbeiter, die Wahrnehmung seiner Person und vor allem die Reduktion von zukünftigen Fehlzeiten im Vordergrund. Der Arbeitnehmer muss der Einladung zu einem Krankenrückkehrgespräch folgen. Soweit er es wünscht, darf er zu dem Gespräch den Betriebsrat hinzuziehen – soweit vorhanden. Schwerbehinderte dürfen einen Schwerbehindertenvertreter hinzuziehen.

Beide Gesprächsformen – das BEM-Gespräch wie auch das Krankenrückkehrgespräch – können parallel zueinander genutzt werden und stehen in keinerlei Konflikt miteinander.

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Wie Sie das Krankenrückkehrgespräch erfolgreich gestalten – Eine Checkliste

Krankenrückkehrgespräch I

  • Begrüßung – Freude über die Rückkehr des Mitarbeiters ausdrücken, evtl. auch in Gegenwart anderer Mitarbeiter
  • Frage, ob sich der Mitarbeiter wieder gesund fühlt
  • Information über Neuigkeiten, bezogen auf die Aufgaben des Mitarbeiters – soweit es Veränderungen während seiner Abwesenheit gab
  • Gute Wünsche für die Wiederaufnahme der Aufgabe

Teilnehmer

  • Mitarbeiter
  • Vorgesetzter

Krankenrückkehrgespräch II

  • Zielsetzung, was im Rahmen der Gesprächsführung genau erreicht werden soll, im Vorfeld festlegen
  • Vorbereitung – Historie, Zahle, Daten, Fakten zu bisherigen Fehlzeiten des Arbeitnehmers; gegebenenfalls Notizen zu vorangegangenen Gesprächen parat legen
  • Gesprächsatmosphäre – Ungestörtheit und Vertraulichkeit sicherstellen
  • Begrüßung – Positive Signale senden
  • Wahrnehmung – Fragen, wie es dem Mitarbeiter geht und ob er wieder voll einsatzfähig ist
  • Fragen, ob die Ursache seiner Krankheit mit dem Arbeitsplatz zusammenhängt
  • Gegebenenfalls gemeinsame Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten
  • Eventuell Maßnahmenvereinbarung
  • Wohlwollende Verabschiedung
  • Notizen zum Gespräch erstellen (Name, Datum, Zeit, Inhalte, bzw. Vereinbarungen in Stichpunkten)

Teilnehmer:

  • Mitarbeiter
  • Vorgesetzter

Krankenrückkehrgespräch III

Wie Fehlzeitengespräch II, ergänzt um folgende Punkte:

  • In den Räumlichkeiten der Personalabteilung oder im Büro des nächst höheren Vorgesetzten
  • Historie der bisherigen Fehlzeiten darlegen
  • Die im Fehlzeitengespräch II getroffenen Vereinbarungen ansprechen
  • Problembewusstsein hinsichtlich des Fehlens des Mitarbeiters schaffen
  • Hinweis auf die Notwendigkeit weiterer Gespräche

Teilnehmer:

  • Mitarbeiter
  • Vorgesetzter
  • Personalabteilung und / oder nächst höherer Vorgesetzter
  • Betriebsrat
  • Schwerbehindertenvertreter

Krankenrückkehrgespräch IV

Wie Fehlzeitengespräch III, allerdings mit folgendem Schwerpunkt:

  • Verstärkte Suche nach Lösungen hinsichtlich der Fehlzeitenproblematik, wobei dem Mitarbeiter hierbei eine tragende Rolle zukommt

Teilnehmer:

  • Mitarbeiter
  • Vorgesetzter
  • Personalabteilung und / oder nächst höherer Vorgesetzter
  • Betriebsrat
  • Schwerbehindertenvertreter

Ihre Chancen, verbunden mit dem Krankenrückkehrgespräch

Wann von einer Stufe des Fehlzeitengespräches auf die nächste übergegangen wird, bestimmt das jeweilige Unternehmen selbst. Zu empfehlen ist dabei, einerseits innerhalb des Hauses eine Richtschnur zu bestimmen, andererseits der jeweiligen Führungskraft aber noch einen gewissen Handlungsspielraum zu zugestehen.

Grundsätzlich sollte ein solches Gespräch vom direkten Vorgesetzten geführt werden und zwar direkt nach der Rückkehr des Mitarbeiters aus der Krankheit. Richtig durchgeführt, stärkt es die Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter. Damit legt es die Grundlage für ein gesundes Verhältnis zwischen beiden. Die Fürsorge für das Wohl des Mitarbeiters steht im Vordergrund. Gleichzeitig wird dieser jedoch auch in die Verantwortung genommen, alle Möglichkeiten zu nutzen, um auch selbst für seine Gesundheit zu sorgen.

Gerade weil es sich hier um ein hochsensibles Thema handelt, ist es wichtig den eigenen Führungskräften Unterstützung zu bieten, dieses Instrument in geschütztem Rahmen zu erlernen und zu üben. Denn keine Führungskraft spricht von sich aus gerne ein derart privates Thema an, wie die Krankheit eines Mitarbeiters. Im Rahmen einer entsprechenden Schulung und der ersten Gespräche, stellen die von uns geschulten Führungskräfte jedoch durchwegs fest: „Die rechtlichen Einschränkungen hinsichtlich der Krankheitsursache sind in der Praxis kaum von Bedeutung.“ Eher kommt es vor, dass dem Vorgesetzten vom Mitarbeiter weit mehr über die Krankheit, die eventuelle Leidensgeschichte und mögliche Hintergründe erzählt wird als erwartet. Dies ist ein hervorragender Indikator für ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen einer Führungskraft und ihren Mitarbeitern. So gesehen, ist ein Krankenrückkehrgespräch eine vertrauensbildende Maßnahme und damit eine wichtige Basis für eine Zusammenarbeit, die von allen Beteiligten als angenehm und nutzbringend empfunden wird.

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Krankenrückkehrgespräche und betriebliche Veränderungen während der Abwesenheit des Mitarbeiters

Gerade wenn ein Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum ausgefallen ist, besteht die Notwendigkeit, ihn hinsichtlich der neuesten Entwicklungen zu informieren, die seinen Arbeitsplatz betreffen. Beispiele hierfür sind:

  • Veränderungen im Team (z.B. Urlaube), oder dem Unternehmen (z.B. Betriebsanweisungen)
  • Neue Termine bezüglich der Auftragslage
  • Wer bzw. wie und inwieweit während der Abwesenheit des Mitarbeiters dessen Arbeit erledigt worden ist (Übergabe)

Es hat sich gezeigt: Es ist hilfreich, das Krankenrückkehrgespräch und die arbeitsbezogenen Themen voneinander zu trennen. Erstens  wird hierdurch der Mitarbeiter als Mensch angemessen gewürdigt und zweitens verläuft die Gesprächsführung einfacher und zielgerichteter.

Protokollierung des Krankenrückkehrgespräches

Grundsätzlich macht es Sinn, Protokolle zu führen. Dies hat den Hintergrund, dass im Falle rechtlicher Konflikte die notwendigen Unterlagen zur Hand sind, welche von einem Arbeitsgericht bei einer eventuellen späteren Klage erwartet werden. Von noch größerer Bedeutung ist jedoch für den Vorgesetzten, für weitere Krankenrückkehrgespräche Informationen zu vorliegen haben – hinsichtlich der die Krankenhistorie und die mit dem Mitarbeiter getroffenen Vereinbarungen (Nachvollziehbarkeit von Verläufen, Verbindlichkeit von Vereinbarungen). Diese bilden die Gesprächsgrundlage und damit die Basis für Folgegespräche.
Das Krankenrückkehrgespräch der ersten Stufe bedarf keinerlei schriftlicher Niederlegung. Hier reicht es aus – soweit man diese Gespräche immer und zeitnah führt – dass dies zu den betrieblichen Gepflogenheiten zählt. Ab Stufe II der Gespräche ist es allerdings sinnvoll, hierüber Aufzeichnungen zu führen. In der Praxis bewährt haben sich hier handschriftliche Notizen der Führungskraft, welche folgende Punkte beinhalten:

  • Datum und Uhrzeit des Gespräches
  • Anwesende bzw. Gesprächsteilnehmer
  • Informationen seitens des Mitarbeiters
  • Geäußerte Erwartungen des Vorgesetzten
  • Umsetzung der bislang getroffenen Vereinbarung zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem
  • Neue getroffene Vereinbarungen zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem

Ein Verlaufsprotokoll ist hier nicht notwendig. Vielmehr reicht ein Inhaltsprotokoll mit den genannten Stichpunkten vollkommen aus. Vorsicht ist allerdings geboten, wenn das Unternehmen seinen Führungskräften Hilfestellung leisten möchte und für die Gesprächsführung bzw. die Protokollierung der Gespräche eigene Formulare erstellt. Solche Formulare, welche im Unternehmen systematisch eingesetzt werden, bedürfen der Zustimmung des Betriebsrates!

Im Sinne der Vertrauensbildung, sollte der Mitarbeiter von jedem Protokoll eine Kopie erhalten. Auch hat man dann in möglichen Folgegesprächen eine gemeinsame Gesprächsbasis. Die Originalprotokolle aus einem Krankenrückkehrgespräch der zweiten Stufe sollten jeweils beim Vorgesetzten verbleiben. Gerade weil das Vertrauen zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter von so herausragender Bedeutung ist, empfiehlt es sich nicht, bereits an dieser Stelle das Protokoll vom Mitarbeiter unterschreiben zu lassen. Ab dem Krankenrückkehrgespräch der Stufe III sollte allerdings auch der betroffene Mitarbeiter das Protokoll unterzeichnen. Falls dieser sich weigert, können auch zwei der übrigen Anwesenden das Protokoll unterzeichnen. Gleichzeitig sollte der Mitarbeiter die Möglichkeit haben, dem Protokoll eine eigene Stellungnahme hinzu zu fügen. Ab dieser Gesprächsstufe wird das Protokoll Bestandteil der Personalakte.

Gerade hier sind jedoch die rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. So dürfen Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Allerdings heißt es im Gesetz auch: „nicht verwendet werden dürfen Daten über (…)Gesundheit und Sexualleben“ (§28 Absatz 1 Ziffer 1 i.V.m. § 32 BDSG). Weiter heißt es: Gesundheitsbezogene Daten dürfen im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses lediglich dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, „wenn dies für (…) dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.“ (§28 Absatz 1 Ziffer 1 BDSG). Eine ärztliche Diagnose darf demnach nicht protokolliert werden.

Wenn Sie trotz der geführten Krankenrückkehrgespräche berechtigte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit Ihres Mitarbeiters haben

Ein legales Kontrollinstrument ist es, den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK) einzuschalten. Der Arbeitgeber kann von der Krankenkasse des Arbeitnehmers verlangen, dass diese eine gutachterliche Stellungnahme des MDK hinsichtlich dessen Arbeitsunfähigkeit einholt (§ 275 Abs. 1a Satz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V.

Berechtigte Zweifel werden regelmäßig dann angenommen, wenn:

  • Der Mitarbeiter auffällig häufig oder
  • auffällig häufig für kurze Zeit arbeitsunfähig ist oder
  • der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag zu Anfang oder am Ende einer Arbeitswoche fällt oder
  • Die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt wurde, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten AU-Bescheinigungen aufgefallen ist.

In diesen Fällen ist es allerdings notwendig, dass das Unternehmen die Einzelheiten zu seinen Verdachtsmomenten genau benennt.

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